Franken-Kreditderivate

Presseaussendung

vor 3 Stunden 28 Minuten

COBIN claims: Erfolg bei Fremdwährungs-Krediten – Bank muss Bearbeitungsgebühr samt Zinsen zurückzahlen

Prozess gewonnen / Banken sollten – ganz offensichtlich an sich sittenwidrige – Franken-„Kredite“ gemeinsam mit Kunden restrukturieren, statt Geld bei Verfahren zu verschwenden

 

 

Wien/Graz (OTS) - Die Plattform für kollektiven Rechtsschutz COBIN claims kann in der Franken-„Kredit“-Problematik einen Erfolg vermelden: Laut BG Graz-Ost muss eine steirische Bank Vereinsmitglied Herrn S. 1650 € (samt Zinsen für drei Jahre) zurückzahlen, die man 2005 als eine Art Bearbeitungsgebühr einhob. Der Kreditvertrag enthielt verschiedene Gebühren, die vermengt dargestellt wurden: „Sittenwidrig, da intransparent“, urteilte sinngemäß das BG Graz-Ost und gab der Klage von Anwalt und Vereins-Beiratsvorsitzenden Wolfgang Haslinger statt. Laut Haslinger muss die Bank insgesamt rund 3000 € inkl. Kostenersatz zahlen.

Für Obmann Oliver Jaindl hat das Urteil weitreichende Bedeutung: Für COBIN claims sind nicht nur einzelne Gebühren, sondern das seit 2008 de facto verbotene Kredit-Modell an sich problematisch. „Wir haben im letzten Jahr intensive Grundlagenforschung zum Massenschadenfall Franken-Kreditderivate betrieben, da sich mittlerweile rund 1400 von Existenzsorgen geplagte Kredit-Kunden an den Verein gewandt haben. Herausgekommen ist, dass die allermeisten dieser einst als günstige Alternative angepriesenen ,Kredit‘-Vehikel im Endeffekt so teuer kommen, dass die Betroffenen ihr Haus salopp formuliert nicht nur einmal, sondern eineinhalb oder zweimal abbezahlen müssen. Dass das für viele im Sinne einer Lebens-Finanzplanung nicht leistbar ist, ist klar. Die meisten ,Kredite‘ werden um 2030 endfällig: Die Folge sind hohe Anschlussfinanzierungs-Kosten, die entweder für viele der dann in Pension gehenden Kreditnehmer in der Altersarmut münden oder zu zeitlich geballten Notverkäufen führen, die für den Immobilien-Markt nicht gesund sein werden.“

Für Haslinger und Jaindl sind daher Verfahren wegen unzulässiger Gebühren nur ein Teil der Lösung: „Alleine das verlorene Verfahren in erster Instanz hat der beklagten R.-Bank samt frustrierten Anwaltskosten unterm Strich sicher einen fünfstelligen Betrag gekostet. Statt Geld am Gericht und bei Anwälten zu verschwenden, wären die Mittel besser eingesetzt, um diese für eine Kredit-Restrukturierung heranzuziehen: Banken sollen proaktiv mit Kunden ein Modell erarbeiten, das sich an einer ursprünglichen Kredit-Gewährung in Euro orientiert. Es soll ein Abzahlen der finanzierten Immobilie erlauben, ohne dass der Kunde in der Pension finanziell vor sich dahin darbt oder sein Eigenheim verliert bzw. die Bank selbst am Ende den Kredit in den Büchern berichtigen muss, falls mit einem Notverkauf die am Papier aufgeblasene Schuld des Kunden nicht getilgt werden kann.“

Aber: Vor dem Hintergrund der Grundlagen-Forschung des Vereins wurde mit der Grazer Entscheidung auch den Banken eine Rute ins Fenster gestellt – denn wenn schon einzelne Bestandteile des Kreditvertrags sittenwidrig und intransparent sind, könnte dies auch auf das Modell Franken-„Kredit“ an sich in vielen Fällen zutreffen. Davon ist COBIN claims jedenfalls überzeugt: Ab 2003 warnte FMA und später OeNB – richtig – davor, dass nur betuchte Kunden derartige „Kredite“ erhalten sollten, da nur diese etwaige Verluste „verdauen“ können. Stattdessen vergab man in großem Stil in Zeiten des CEE-Hypes in Österreich Fremdwährungskredite an jedermann: Ohne jedoch Modellrechnungen auf Basis historischer Volatilitäten und dem seit den 1970er-Jahren in Wahrheit für die Banken laufenden, langjährigen Trend im Franken-Währungsmarkt anzustellen und dies mit der Kunden-Bonität abzugleichen. Zwar hat das Gesamt-Obligo an Fremdwährungskrediten seit 2008 stark abgenommen – aber: Die heute noch mit den (auch kürzlich umgeschuldeten) „Krediten“ kämpfenden Kunden hatten verbreitet nicht die damals behördlich angeratenen Bonitäts-Voraussetzungen erfüllt, ein derart riskantes Geschäft aus einer endfälligen Rückzahlungsverpflichtung in einer Fremdwährung und oft untauglichen Tilgungsträgern einzugehen. Diese Kunden hätten einen Euro-Kredit erhalten müssen. Stattdessen haben ihnen die Banken sorgfaltslos hohe Risken aufgebunden und sie bezüglich ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit mit Risiken „überhebelt“ – wohl mit einem Eigennutz-Gedanken der Banken im Hintergrund. Schon mit den ersten Volatilitäten in der Krise 2008 war diese „Risiko-überhebelte“ Gruppe im Fremdwährungskredit gefangen und konnte sich keine Umschuldung in einen Euro-Kredit mehr leisten.

„Das hätte so nie passieren dürfen. Überdies dürfte es auch so gewesen sein, dass im Hintergrund verbreitet keine direkte Zuzählungskette in der Fremdwährung vorlag – zum Teil steht auf Unterlagen sogar, dass der Kreditbetrag in Euro ausbezahlt wird: Daher handelt es sich hier in Wahrheit um keinen ,Kredit‘, sondern um ein Finanz-Derivat – eine bloße Wette, bei der die Bank Euro auszahlte und sich eine Rückzahlung in einer Fremdwährung versprechen ließ. Umso mehr verwundert es, dass bei Franken-‚Krediten‘, die sozusagen niemals einen Franken ,gesehen‘ haben und im Grund bloß aus einer Rückzahlungs-,Wette‘ der Bank bestehen, heimische Gerichte aus dem Nichts heraus einen ,Geldwechselvertrag‘ annahmen und Banken Recht gaben – statt die sittenwidrige Ausbeutung des Kunden bzw. seines Risikos zu erkennen, da der Franken-‚Kredit‘ x-fach teurer ist als ein normaler Häuslbauer-Kredit. Bei der heimischen Justiz wurde daher das Modell der Franken-Kreditderivate offenbar nicht verstanden, während man in anderen EU-Ländern dem Spuk bereits ein Ende gesetzt hat und auch der EuGH Fremdwährungskredite problematisch sieht“, so Jaindl und Haslinger.