Stellungnahme des Vereins - Presseaussendung vom 6.12.2022

Die Position des Vereins COBIN claims zur Frage der Erteilung der Verbandsklage-Befugniswurde in der Presseaussendung vom 6.12.2022 zusammengefasst: 

 

COBIN claims ist „fit“ für die neue EU-Verbandsklagebefugnis und fordert ihre Erteilung

Rund 2400 Aktions-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer verlangen Verbandsklagebefugnis für gemeinnützigen Verein / Heute Behandlung in Parlamentsausschuss

Wien (OTS) - Der gemeinnützige Verein COBIN claims hat sich „fit“ für die Erteilung der „EU-Verbandsklagebefugnis“ gemacht. Der Verein hat dbzgl. eine parlamentarische Petition mit knapp 2400 Unterzeichnern (500 auf Papier, 1873 online) eingebracht, die heute, Dienstag, im zuständigen Parlaments-Ausschuss behandelt wird. „Wir haben alle Vorgaben der entsprechenden EU-Richtlinie sowohl in den Vereinsstatuten als auch der Homepage implementiert. Darüber hinaus wurden die Compliance-Maßstäbe der EU-Richtlinie in der praktischen Vereinsarbeit festgeschrieben. Das vom Verein so genannte ,Zivilgesellschaftsparlament‘ erlaubt als Online-Forum die direkte Teilhabe einer breiten Masse an Vereinsmitgliedern an der Arbeit des Vereins auf Basis demokratischer Grundsätzen. Wir sind überzeugt, die Maßstäbe der EU nicht nur zu erfüllen, sondern sogar zu übererfüllen und in einer modernen, IT-basierten Art und Weise konsequent bereits jetzt weiterentwickelt zu haben“, sagen die COBIN claims-Vorstände Oliver Jaindl und Kilian Franer. Es ist daher unumgänglich, dem Verein die Verbandsklagebefugnis etwa durch Aufnahme in dem entsprechenden Passus im Konsumentenschutzgesetz oder via Verwaltungsverfahren zu gewähren. 

Die hier relevante EU-Richtlinie schreibt vor, dass Vereine, die eine Verbandsklagebefugnis erhalten, verschiedene Compliance-Kriterien einhalten müssen – was sich Sicht des Vereins durchaus nachvollziehbar bzw. sogar begrüßenswert ist: Etwa dürfen sich derartige „Verbände“ nicht durch Zuschüsse zB. eines Unternehmens dazu instrumentalisieren lassen, gegen Marktbegleiter dieses „Spender-Unternehmens“ vorzugehen. Verschiedene Offenlegungspflichten sollen verhindern, dass derartige Vereine unstatthaften Gewinn aus Klags-Aktionen ziehen. „Der Vereinsvorstand hat daher intern im Beirat Rechtsanwälte eine Arbeitsgruppe eingesetzt und mit dieser gemeinsam das neue Statut erarbeitet, das eine Fülle an Compliance-Regeln enthält: So sind etwa Spenden begrenzt und von zB. üblicherweise auf der Prozessgegner-Seite auftretenden Akteuren wie Investmentbanken, Kapitalmarkt-Fonds udgl. sämtliche Zuwendungen untersagt. Die maximalen Vergütungen der Vereinsvorstände sind mit dem halben Anwalts-Stundensatz beschränkt. Ein enges Korsett an Mitwirkungs-, Transparenz-, Treue- und Beschleunigungs-Pflichten sichert die profunde und für Geschädigte zügige wie effektive Arbeit in Sammelaktionen. Flankiert wird all das durch in den Statuten verankerten jährlichen Veröffentlichungspflichten zu Aktionen und Finanzen“, erklären Jaindl und die Vorsitzenden des Beirates Rechtsanwälte, Wolfgang Haslinger und Severin Hammer.

„Der Verein war und ist seit der Gründung 2017 unabhängig und nicht gewinnorientiert. Insofern sind diese Statuten bloß das detailliertere Festschreiben des bisher ohnehin Selbstverständlichen“, sagt Jaindl. Aber: Die EU-Richtlinie und im Zuge des parlamentarischen Prozesses eingelangte Stellungnahmen etwa der Arbeiterkammer (AK) zeigen auch deutlich auf, wie man sich die Finanzierung eines derartigen Vereins wünscht. Einerseits – so der nachvollziehbare Wunsch der AK – soll ein derartiger Verband auf soliden finanziellen Beinen stehen, damit er effektiv Klage-Aktionen für Betroffene organisierten und diese auch über längere Zeit weiterführen kann. Ein zuständiger Minister wünscht sich eine große Zahl von Vereinsmitgliedern. Die EU-Richtlinie wiederum schreibt vor, dass diese Teilnehmer möglichst gratis an Aktionen derartiger „Verbände“ teilnehmen sollen und diese keinem „Erwerbszweck verfolgen“ sollen. „Irgendwo muss das Geld aber her kommen, daher sieht man schon, woran es sich bei den Vorgaben spießt: Ein derartiger Verband soll einerseits eine prall gefüllt Kriegskasse haben, andererseits möglichst keine Beiträge bei Geschädigten einheben oder ,erwerbsmäßig‘ tätig sein und möglichst keine Berührungspunkte mit der Wirtschaft bzw. Prozessfinanzierern haben. Mit dieser Vorgaben-Gemengelage werden wir nicht weit kommen und die in der Richtlinie gesteckten Ziele nicht erreichen“, sagt Jaindl. Laut dem studierten Juristen und früheren Wirtschafts-Journalisten sei aber klar, wie ein Einnahmen-Modell für ein derartiges „gläsernes Konsumentenschutz-Amt auf privatrechtlicher Basis“, wie er es nennt, aussehen muss. Jaindl: „Erstens: Beiträge von Vereins-Mitgliedern, die sich als Geschädigte hilfesuchend an einen derartigen Verband wenden und die Ressourcen des Vereins in Anspruch nehmen können - bei COBIN etwa das Zivilgesellschafts-Parlament, die Teilnahme an Sammel-Aktionen, Vorträge und vergünstigte anwaltliche Rechtsberatungen, da der Verein an sich wegen der Vorschriften zum Vorbehaltsbereich der Rechtsanwälte und Notare nicht selbst Rechtsberatungen durchführen darf. Zweitens: Fallweise Einnahmen durch Klein-Projekte, um vorhandene Ressourcen einer Zweitnutzung zuführen zu können – andere Vereine wie etwa Sportvereine erzielen Einnahmen zB. durch die Organisation von öffentlichen Vereinsfesten, eine analoge Einnahmemöglichkeit etwa durch Klein-IT-Projekte, Vorträge udgl. muss hier zulässig sein. Drittens: Kostenersatz im Falle eines Vergleichs oder eines erfolgreich geführten Gerichtsverfahrens, der die Verteilungskosten des Erstrittenen an oft Tausende Geschädigte im Sinn von IT-, Anwalts-, Treuhänder- und Sekretariats-Kosten abdeckt. Viertens: Förderungen. Die EU-Richtlinie schreibt vor, dass die Staaten die künftigen Verbandskläger-Verbände zu unterstützen haben, damit diese ihrer Aufgabe nachkommen können. Ohne diese Förderungen wird es nicht gehen. Es ist kein Problem, öffentlich jeden einzelnen eingenommenen und ausgegebenen Cent auf der Homepage zu dokumentieren – das System muss aber insgesamt funktionieren und die Verbände müssen ein Mindestmaß an einer organisatorischen Grundstruktur verfügen. Was durch eigene Einnahmen nicht gedeckt ist, muss die öffentliche Hand ausgleichen, wenn man die EU-Richtlinie richtig umsetzen will. Wir sprechen hier aber nicht von Millionenträgen pro Jahr, sondern von Beträgen von voraussichtlich (zT. sogar deutlich) unter 100 000 €, die hier als ,Lückenfüller‘ nötig sind“, sagt Jaindl. Weiters sei an spezielle Muster-Verfahrensfinanzierungen im Sinne eines Private-Public-Partnership-Modells zu denken, bei denen zunächst die öffentliche Hand Verbands-Pilotverfahren mit- bzw. vorfinanziert – sollten diese erfolgreich sein, könnten Prozessfinanzierer aufgrund des bekannten Verfahrensergebnisses weit günstigere Konditionen für die Übernahme der Verfahrensfinanzierung für eine große Zahl an Betroffenen anbieten, sollten alle Ansprüche eingeklagt werden müssen.

Der Verein COBIN claims wurde 2017 aus der Mitte der Zivilgesellschaft heraus gegründet. Bislang haben sich rund 10 000 Geschädigte an den Verein gewandt. Er führt im Fall VW quer durch Österreich Muster-Sammelklagen österreichischer Prägung, stellte im Fall „Wienwert“ die größte Geschädigtengruppe und sammelte zuletzt auch im Fall FTX in kurzer Zeit mehr als 80 Geschädigte mit weit über einer Million € Gesamtschaden. Der Verein hat bislang weitgehend auf die Einhebung von Beiträge Geschädigter verzichtet und wurde mit viel Engagement und ehrenamtlicher Tätigkeit aufgebaut. Die Verbandsklagebefugnis ist der konsequente nächste Schritt in der Weiterentwicklung des Vereins.